Saya Schulzen

Wölfin im Menschenfell, 2021
Milch, 2021
Sublime Submersion, 2021
Die Nähe schlummert, 2021
Weltinnenraum, 2021
Mixed Media auf Aquarellpapier (Aquarell, Ölfarbstifte, Gouache, Acryl)
78,8 x 58,3 cm

Berührte Natur, 2021
Sieben Skulpturen
Gebrannter Ton, Acrylfarbe, Mohnsamen, Propolis
Größe variabel

Courtesy die Künstlerin

Saya Schulzen ist Künstlerin im Zeitalter des Anthropozäns. Sie schafft assoziative Bilder von fantastischen Landschaften, in der menschliche und nicht menschliche Wesen gleichberechtigt leben und miteinander verbunden sind.

Schulzen arbeitet skulptural mit Tonerde und sie zeichnet mit Aquarell, Gouache und Ölstiften. Sie schafft künstlerische Ökologien aus erdachten und realen Wesen. Die Landschaften haben etwas paradiesartiges. Die imaginierten Welten entstehen über den flächig-ornamentalen Einsatz von Farben, auf denen sie ihre Figuren anordnet. Die Farben und Linien in ihren Bildern sind Kräfte, die naturalistisch anmuten, sich aber von einer Abbildung des Realen entfernen.

Ausgangspunkt ihrer Zeichnungen ist immer das menschliche Gesicht, dessen Blick aus dem Bildraum hinaus die Verbindung zur Betrachter*in herstellt. Um diesen Blick herum gestaltet Schulzen ihre Kompositionen. Der Bildaufbau wird von der Künstlerin nicht vorab geplant, sondern sie vertraut auf ihr intuitives und assoziatives Vorgehen, in dem sie die Formen im Prozess des Zeichnens heranwachsen lässt. Menschen, Tiere und Pflanzen teilen sich denselben Raum als ideelle Fläche der gleichberechtigten Existenz. Die Künstlerin erfindet einen poetischen Raum, in dem symbolhaft die Verbundenheit der verschiedenen Spezies in einem gleichwertigen Miteinander als neue Ökologie dargestellt werden.

Während manche Wesen fantasievolle Neuschöpfungen sind, widmet Schulzen den Wildkräutern detailreiche, naturgetreu Darstellungen. Als Unkraut bezeichnet, verrät die sprachliche Bezeichnung eine menschliche Einordnung von Lebewesen innerhalb einer Werteskala der Nutzbarkeit. Das Wildkraut steht symbolhaft für das Ursprüngliche, das durch kulturelle Praxis unter Kontrolle gebracht werden muss. Diese Auffassung gilt es neu zu denken und steht somit für eine Transformation im Verständnis von Natur. Das heutige Verständnis von ökologischen Systemen, in denen alle Lebewesen miteinander verbunden und voneinander abhängig sind und in dem Natur als ein ständiger Prozess aufgefasst werden muss, hebt die kulturell bedingte und vom Menschen konstruierte Wertung gegenüber einzelnen Lebensformen auf.

Die Berührung ist ein wiederkehrendes Motiv in Schulzens Arbeit. Die Geste der physischen Nähe zwischen den unterschiedlichen Figuren steht für ein neues Bewusstsein von empfundener Verbundenheit mit dem Andersartigen.

In ihrer skulpturalen Arbeit schafft Saya Schulzen Figuren aus Ton, die von Meereswelten inspiriert sind. Die Künstlerin formt Seeanemonen, Wesen die als Solitäre auf dem Meeresgrund leben, und die als Tiere in ihrer Anmutung Pflanzen und Blumen ähneln. Wieder ist das Verschwimmen der Grenze zwischen den verschiedenen Lebensformen ein Thema von Schulzens künstlerischer Interpretation. Ihre Arbeit steht stellvertretend für eine Generation an Künstler*innen und Schriftsteller*innen, die für eine neue Sensibilität plädieren, in der Lebewesen sowohl in ihrer körperlichen, naturwissenschaftlichen als auch in ihrer subjektiven Realität verstanden werden. Sie suchen nach einem neuen Humanismus, in dem alle Lebewesen und Dinge der Natur beseelt sind.

Anders als die zahlreichen dystopischen Weltsichten, die heute in der Debatte um das Anthropozän stattfinden, positioniert sich die Arbeit von Schulzen als eine fantastische Projektion paradieshafter Zustände des hierarchielosen Zusammenlebens. Die idealisierten Bildwelten sind Ausdruck einer Suche nach neuen Erzählungen des Menschseins, in denen biologische Grenzen aufgehoben und fantastische und traumhafte Elemente mit- und nebeneinander existieren dürfen.

Saya Schulzen (*1992, Bad Schwalbach, DE) studiert seit 2016 an der Hochschule für Gestaltung Offenbach (DE) bei Prof. Heiner Blum und Prof. Merja Herzog-Hellstén. Ihre Schwerpunkte liegen auf Keramikskulpturen und Aquarellzeichnungen. Zuvor studierte sie Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (DE). Unter anderem hat Saya Schulzen in den folgenden Institutionen ausgestellt: Kunstforum der TU Darmstadt, Darmstadt (DE), HfG Kunsthalle, Offenbach am Main (DE), Kunstansichten, Offenbach am Main (DE).