Faina Yunusova

#SugarMacht, 2021
Fortlaufende partizipative digitale Performance und Rauminstallation
Courtesy die Künstlerin

Faina Yunusova beschäftigt sich mit den Konventionen im Netz und der Entstehung von Communities, die zur kollektiven Konstruktion von digitalen Phänomenen beitragen. Sie identifiziert und nutzt möglichst viele der Faktoren, die in sozialen Medien erfolgreich sind und hohe Nutzerzahlen generieren.

Die für den Frankfurter Kunstverein geschaffene digitale Performance #SugarMacht beginnt auf Instagram und findet ihre Erweiterung im Ausstellungsraum. Yunusova zitiert eine Vielzahl aktuell erfolgreicher Ästhetiken, die als Kulisse für Selbstinszenierungen in den Sozialen Medien zu sehen sind: das violette Licht, die Ringleuchte für bessere Selbstportraits, die intime Atmosphäre eines Schlafzimmers. Das Bett inszeniert eine vermeintliche Privatsphäre der Künstlerin, die nur dazu dient, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die von der Decke hängende Neon Schrift mit dem Hashtag SugarMacht ist eine Einladung der Künstlerin an die Besucher*innen bei der Performance mitzumachen und Teil ihres Werkes zu werden.

Auf einem ersten Bildschirm sieht man eine Compilation von Content, den die Künstlerin selbst produziert und gepostet hat. Hier inszeniert sich Yunusova als Influencerin, die TikTok-Trends ausführt und damit das Publikum vor Ort zur Teilnahme und Nachahmung einlädt. TikTok und Instagram verstärken die Praxis des Remix. Dort werden Mashups und Challenges generiert, die auf der Wiederholung und das Interpretieren der Vorgaben anderer beruhen. Ihre Inszenierung ist ein fake, die als gängige Praxis der Selbstdarstellung im Netz praktiziert wird. Die Künstlerin setzt ihren Körper als Platzhalter für kollektive Vorstellungen ein, der aber durch eine Vielzahl von Filtern, Musik und lustigen Verfremdungen als Inszenierung einer digitalen Person zum Einsatz kommt.

Was in der digitalen Präsentation sichtbar ist und als mögliche Realität verkannt werden kann, wird von Besucher*innen der Ausstellung real betreten und somit als Kulisse wiederum nutzbar gemacht. Somit schafft Yunusova einen Loop der Selbstbespiegelung zwischen digital und analog, in dem der inszenierte Raum nicht nur über die Mobiltelefonoberfläche eingesehen, sondern als reale Bühne angeboten wird, auf der sich nun auch die Besucher*innen selber inszenieren. Postet man ein Bild oder ein Video auf Instagram unter dem Hashtag #SugarMacht, wird man Teil der Installation: das Publikum kann sich in Echtzeit auf einem Bildschirm betrachten, der mit dem Internet verbunden ist und durch Zufallswiedergabe Beiträge zeigt, die unter dem Hashtag geteilt wurden.

Durch eine eigene Sprache, die auf Tanzen, Musik und Selbstironie basiert, zeigt die Künstlerin den spielerischen Charakter von Social Media (#Sugar) und deckt auf, wie die Verbreitung von Trends eine kollektive Identität aufbaut und somit eine online Community zunehmend miteinander verschmilzt. Einfache Interaktionsmechanismen von Social Media werden aufgedeckt: Das, was als banal erscheint, suggeriert die Abhängigkeit von Selbstinszenierung und die Macht der Massenproduktion bei der Herstellung von Content, die aus der Verwendung von Social Media resultieren können (#Macht). Wer sich als Influencer*in definiert und glaubt, Macht zu haben, Menschen beeinflussen zu können, wird selbst von der Massenkultur der anderen beeinflusst. So zeigt der Hashtag #SugarMacht die Doppeldeutigkeit von Social Media auf.

Faina Yunusova (*1991, Tashkent, UZ) lebt und arbeitet in Darmstadt (DE) und Frankfurt am Main (DE). Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit digitaler Präsenz in sozialen Medien und der Kreation virtueller Identitäten. Seit 2017 studiert sie an der Hochschule für Gestaltung Offenbach (DE). Zuvor studierte sie an der Moskauer Stroganov-Akademie für industrielle und angewandte Kunst in Moskau (RU), bevor sie wegen ihres Internet-Aktivismus der Universität verwiesen wurde. Unter anderem hat Faina Yunusova in den folgenden Institutionen ausgestellt: Basis Projektraum, Frankfurt am Main (DE), Rumplmayr Neukirchen, Sägewerk, Neukirchen (AT), Academy for interdisciplinary processes, Offenbach am Main (DE), Zwo Gallery, Wien (AT).